Ausnahmezustand
Am Freitagabend wurde Bremen von anderen Bundesbehörden ĂŒber eine mögliche Terrorgefahr informiert. Seit Samstag frĂŒh patrouillierten auf einmal schwerbewaffnete Polizist*innen mit Maschinenpistolen durch die Innenstadt und bewachten den Dom, die BĂŒrgerschaft und die Synagoge in Bremen. Im Laufe des Tages kamen immer mehr GerĂŒchte auf, aber nicht eine handfeste Information von Seiten der Polizei oder des Innensenators. Ein „Sicherheitsnetz“ sei ĂŒber die Stadt gelegt worden, die Bevölkerung sei aber nicht gefĂ€hrdet. Mal hieĂ es, es wurden Personen festgenommen, aber wieder freigelassen, es wurden Kulturvereine durchsucht und Extremismusexperten kauten wieder einmal ihre Erkenntnisse ĂŒber Salafist*innen in Bremen durch.
Bereits am Samstag Nachmittag wurden die „Informationen“ widersprĂŒchlich. Es soll zwar konkrete Hinweise auf einen Anschlag gegeben haben, aber eigentlich ginge es um Handel mit Kriegswaffen in Bremen und seit Monaten wĂŒrden bereits mehrere Personen beschattet werden. Auf der heutigen Pressekonferenz im PolizeiprĂ€sidium kamen, dann die Fakten auf den Tisch: Hinweise auf eine Person aus dem Libanon, die sich eine Waffe besorgt haben soll, hĂ€tte den Alarm ausgelöst. Das konnte aber wohl nicht nachgewiesen werden, denn es wurden zwar einige Personen in Gewahrsam genommen, aber nach kurzer Zeit wieder auf freien FuĂ gesetzt. Dann wurden Kulturvereine durchsucht, in denen regelmĂ€Ăig Salafist*innen verkehren, weil dort Waffenhandel vermutet wurde. Nach monatelanger Ăberwachung konnte aber auch dort nichts gefunden oder nachgewiesen werden.
Herr MĂ€urer sagte, er sei froh, dass sie keine Waffen gefunden hĂ€tten und das die islamistische Terrorgefahr weiterhin bestehe. Wir wĂŒrden auf keiner „Insel der Sicherheit“ leben, leider könnten sie nicht alle Details nennen, die SicherheitsmaĂnahmen wurden aber teilweise zurĂŒckgenommen. Das Bundesliga-Heimspiel sollte ja auch trotzdem stattfinden und das Shopping am Samstag sollte ja auch nicht beeinflusst werden. „Es gibt Personen der salafistischen Szene, die versuchen an Waffen zu kommen.“ Aha. „Man kann davon ausgehen: Mit diesen Waffen will man was unternehmen.“ Ahja. Zum Schluss rĂ€umte die Polizei in GesprĂ€chen mit Bundesbehörden ein, sich „missverstĂ€ndlich ausgedrĂŒckt“ zu haben. Na danke.
Und am Ende riecht es alles etwas
Am Ende ist nicht wirklich etwas herausgekommen, nichts wurde nachgewiesen, niemand wurde festgenommen und der einzige Terror den so einige verspĂŒrt haben, wurde durch schwerbewaffnete Polizist*innen und eine verschwiegene Innenbehörde verursacht.
Damit soll keine Terrorgefahr verharmlost werden, aber bei den nicht vorhanden Ergebnissen am Ende schĂŒttelt mein Kopf ganz von alleine. Seit ein paar Monaten steht die Polizei unter Kritik wegen ihres Verhaltens. Seit kurzem verspricht MĂ€urer, nach dem Ăberfall einiger Vermummter auf FuĂballgĂ€ste und Polizist*innen, ein deutlich hĂ€rteres Durchgreifen, die Polizeigewerkschaft fordert mehr Personal und jetzt wird ein Wochenende mal gezeigt, wie toll die Polizei alles absichern kann. WĂ€re ich zynisch wĂŒrde ich sagen: Es riecht nach Wahlkampf.
Edit (02.03.15): Zahlreiche Links und Kommentare nach deren Erscheinen im Text verlinkt.
Edit (19.03.15): Hier ist eine gute Zusammenfassung der taz vom 18.03.15, die versucht alle FÀden etwas zu entwirren, Verbindungen zu Àlteren FÀllen aufzeigt und den Umgang der Behörden mit dem Fall beschreibt.
Edit (27.02.16): Zwischenbilanz von RadioBremen mit den Erkenntnissen aus dem Untersuchungsausschuss – Der Ausnahmezustand wurde auf massiven Druck des innensenators durchgefĂŒhrt, zahlreiche Pannen, keine Grundlage oder Beweise, bei der Polizei rollen köpfen, MĂ€urer immer noch im Amt.
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