Die Polizei, dein Freund und Helfer?
Kaum etwas hat in meiner Jugend mein Bild von der Polizei so geprägt wie die ARD-Vorabendserie “Großstadtrevier”. Ich bin auf dem Land aufgewachsen, wo die Präsenz der Polizei nicht wirklich nötig und nicht relevant war, daher habe ich meine Bild von den Sicherheitskräfte einzig und allein aus den Medien gezogen. Im Großstadtrevier geht es um die Polizist*innen des 14. Reviers in Hamburg. Die mal sehr verantwortungsvollen, mal auch etwas nachlässigen, aber immer sehr gnädigen und wenn nötig auch strengen Beamten um Oberkommissar Dirk Matthis waren immer da, wenn es gegen Kleinkriminelle, Heiratsschwindler und Einbrecher*innen ging. Oft haben sie die Täter*innen bei der Verhaftung davon überzeugt, dass die ihre Tat falsch war und gingen dann gnädig mit ihnen um, aber wenn sich die Täter uneinsichtig zeigten, griffen die Wachtmeister auch mal hart durch. Insgesamt hatte ich ein äußerst gutes Bild von der Polizei. Sie waren da, wenn eins sie braucht, immer mit einem offenen Ohr und viel Einfühlungsvermögen. So wünscht man es sich doch.
Aber so ist die Polizei nicht und so ist sie nie gewesen. Die Ereignisse an der Rigaer Straße in Berlin machen das wieder einmal klar.
In Berlin und auch in Sachsen, aber wahrscheinlich bundesweit dreht die Polizei frei. Nachdem es am 13. Januar zu einem Angriff auf einen Beamten (die Darstellung der Polizei ist dabei immer noch etwas vage und umstritten) in der Rigaer Straße in Berlin kam, antwortet die Polizei massiv und mit einem Riesenaufgebot. 550 Polizist*innen mit Hubschraubern machten sich auf dem Weg zur Rigaer Straße 94 in der die Angreifer*innen angeblich geflüchtet sind. Das von vor allem linksautonomen bewohnte Haus wurde ohne jeglichem richterlichem Beschluss gestürmt. Die Polizei nahm alles mit was nicht niet- und nagelfest war, von Feuerlöschern, über Backsteine, bis hin zu 2 Tonnen Kohle, die als Heizmittel in dem Haus genutzt wurden. Die Argumentation: Die Bewohner*innen könnten dies für Straftaten nutzen. Wie absurd diese Argumentation ist und warum ihr rechtlich jede Grundlage fehlt hat Christopher Lauer im Tagesspeigel erklärt. Es wirkte fast so, also hätte die Beamt*innen den Auftrag gehabt irgendetwas zu finden mit dem sie die Bewohner*innen rankriegen können, die rechtlichen Grenzen die ihnen der Rechtsstaat auferlegt, sollten sie offensichtlich ignorieren. Bilder und Augenzeugenberichte machen klar wie absurd diese Situation war und mit welcher Ignoranz gegenüber Recht, Gesetz und Verhältnismäßigkeit die Polizei hier vorging.
Die Polizei versucht hier nur eine – ihr politisch unliebsame – Szene zu dranglasieren, lässt aber organisierte Kriminalität gewähren. Rechte Terrorgruppen wie der NSU konnten 10 Jahre unentdeckt morden. Kaum ein Angriff auf Flüchtlingsunterkunfte wird verurteilt. Aber für eine illegale Hausdurchsuchung sind 550 Polizist*innen übrig – der von vielen angeprangerte angebliche Personalmangel wirkt nach so einen Einsatz wie ein schlechter Witz. Es drängt sich ein Bild von polizeilicher Willkür auf – oder gar keiner Willkür, denn linke Gruppen werden massivst, auch ohne jegliche rechtlich haltbare Begründung Repressionen ausgesetzt, während Nazis morden.
Der Polizei kann ich in so einem Klima der Willkür und Repression nicht mehr trauen. Um so mehr nicht, wenn selbst ein Polizeisprecher von einem “brauen Schleier” über der Polizei spricht. In Sachsen ist dies bereits hinlänglich bekannt. Die Kontakte zwischen Polizei und Neonazis sind mehr oder minder bewiesen. Gehandelt wird nicht. Die Polizei schafft keine Sicherheit, sie nimmt Sicherheit. Vor allem für solche Menschen, die ihr schutzlos ausgeliefert sind, weil ihnen die Mittel fehlen sich (rechtlich) zur Wehr zu setzen.
So wie Dirk Matthis ist kein Polizist, das habe ich gelernt. Das Großstadtrevier zeigt wie die Polizei gerne wäre und wie viele von uns sie gerne hätte. Aber es ist ein Trugbild, dem keiner aufsitzen sollte.
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