Konzept autofeindliche Stadt

Housetier84

Demogänger und Berichterstatter. Neben Antifa und Antira auch Gentrifizierung und Freiheit zu Rad. Manchmal sogar mit Interesse an Parteipolitik. Mag Fotografie.

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43 Antworten

  1. dummfilm sagt:

    Ein schöner Artikel mit einigen guten Denkanstößen, vor allem wen sich Menschen noch nicht mit Konzepten wie dem fahrscheinlosen ÖPNV auseinander gesetzt haben. Ich sehe allerdings einen weiteren Aspekt des automobilen Verkehrs, der, wenn er richtig angegangen wird, ebenfalls Lösungen für einige der oben genannten Probleme beinhaltet: das autonome Fahren.

    Autonome Fahrzeuge befinden sich derzeit in der Erprobungsphase, sie haben allerdings schon über einige Jahre hinweg mehrere Millionen Kilometer im öffentlichen Verkehr – wenn auch nicht hierzulande – zurückgelegt und die Zahl der Firmen, die daran forschen, wächst stetig.

    Wenn nun die Idee des Carsharings oder des fahrscheinlosen ÖPNVs mit der von autonomen Fahrzeugen kombiniert wird, so gibt es eine große Flotte an Fahrzeugen, die jederzeit zur Verfügung steht und Verkehrslücken schließen kann. Es ist hiermit möglich, Strecken zu versorgen, die sich für herkömmlichen ÖPNV nicht lohnen. Außerdem kann zu Zeiten, in denen deutlich weniger Menschen unterwegs sind, die Mobilität erhalten bleiben. Wenn autonome Fahrzeuge also in einem Gesamtkonzept aufgehen, anstatt einzelnen Personen “zu gehören”, sollten die Fahrzeuge häufig unterwegs sein und daher deutlich weniger Parkfläche beanspruchen als privat genutzte PKW, ja sogar weniger als Autos im Car Sharing oder Taxen. Bis dahin ist allerdings noch ein weiter Weg.

  2. Greg sagt:

    Schöne Vision, aber wer setzt das jetzt um? Die Autolobby ist zu stark in Deutschland, selbst ein generelles Tempolimit werden wir nicht erleben…

  3. Caro sagt:

    Du wolltest ihn, Du kriegst ihn. 😉
    Ich springe im Folgenden ein bisschen durch die Themen. Nicht wundern. Ich versuche, kenntlich zu machen, von welchem Teil ich jeweils gerade rede.

    Ich bin u.a. über den Punkt “Tempo 30” gestoßen und auf die Aussage, dass das Verkehr verbessern würde. Finde ich sehr schwammig. Was genau würde ein einheitliches Tempo 30 am Verkehr verbessern? In welche Richtung läuft diese Optimierung? Und ist klar, dass eine Reduzierung der Geschwindigkeit auch Busverkehr (und damit den von Dir ja eigentlich gewollten ÖPNV) behindert?
    Die ganze Thematik “Geschwindigkeitsbegrenzung” ist relativ komplex und hängt in ihrer Wirksamkeit stark von der Zielstellung ab. In den ganzen Diskussionen der letzten Jahre haben sich allerdings zwei aus meiner Sicht sehr sinnvolle Konzepte herauskristallisiert: Shared Space für diejenigen Bereiche, in denen Verkehrsberuhigung stattfinden soll, und aufkommensabhängige Geschwindigkeitsregelungen an den Stellen, an denen Verkehr so energieeffizient wie möglich gesteuert werden soll. Beide Konzepte sind aus meiner Sicht daraus entstanden, dass man Geschwindigkeitsbegrenzungen wirklich konsequent zu Ende gedacht hat. Denn Tempolimits sind zuerst einmal nur ein Mittel. Erst die Frage nach dem Zweck dahinter ist extrem relevant und eröffnet ganz neue Möglichkeiten.
    Im Gegenzug hilft ein pauschaler Ruf nach Tempolimit (erst recht ohne Angabe des zu erreichenden Ziels) nichts.

    Und weil ich gerade bei Shared Space bin: Verkehrsarten werden auch dann attraktiv, wenn ihnen Raum eingeräumt wird. Eine Erweiterung von Rad-, Skate- und Fußverkehrsflächen, dezidierte Streckenführung für Straßenbahnen (und vielleicht auch Busse) sind auch ein Aspekt. Die Fahrradstraßen sind da eine Möglichkeit dazu (aber gerade an Krankenhäusern eine eher unpraktische Idee. 😉 ).

    Zum Thema Ampelschaltungen: Warum dieses Gegeneinander-ausspielen? Warum keine intelligenten Ampelsteuerungen, die den Verkehrsfluss für alle (und dann gerne mit Bevorzugung von Fahrrad & ÖPNV) verbessert. Das hat dann nämlich auch den Nebeneffekt, dass motorisierter Verkehr (und den wird es weiterhin geben, bspw. auch durch ÖPNV und Car Sharing) energieeffizienter läuft.

    Zur Citymaut bin ich noch unentschlossen. Ich habe mich mit dem Konzept bisher zu wenig befasst, um da eine Meinung dazu zu haben.
    Ähnliches gilt für Park & Ride. Es gehört weit mehr dazu, als an den Stadtrand ein paar Parkflächen zu setzen. Gerade in Städten, die von den Einkaufspendlern des Umlands leben. Aber auch für Einwohner, die möglicherweise dazu angehalten oder gezwungen werden, ihre Fahrzeuge dort abzustellen (so habe ich es verstanden, wenn nicht muss das auch noch ausdefiniert werden). Kann man machen, aber den Anforderungen der verschiedenen Nutzergruppen muss Rechnung getragen werden.

    Insgesamt fehlt mir inhaltlich offen gestanden ein bisschen die Vision. Sie lässt sich aus den vorgeschlagenen Maßnahmen teilweise ableiten. Aber diese Maßnahmen sind Werkzeuge auf dem Weg zur Erreichung von… was? Oder ist es wirklich das Ziel, einfach nur “autofeindlich” zu sein? Klingt nach “Kampf den Autofahrer, wo man sie sieht”.
    Grundsätzlich bin ich ein Freund von Anreizsystemen. Auch Autofahrern kann man (eine Menge) Anreize schaffen, um auf ÖPNV umzusteigen. Die Wenigsten von denen sind starrköpfige Besitzstandswahrer. Der Text scheint mir aus meiner Sicht aber genau das zu unterstellen. Er klingt streckenweise wie eine “Kriegserklärung” an Autofahrer. Damit holt man diese immer noch große Masse an Menschen, die auch Einwohner einer Stadt sind, aber nicht ins Boot für geeignete Maßnahmen.

    Positive Visionen schaffen. 🙂 Das bringt mehr als nur eine Sammlung restriktiver Maßnahmen.

    Generell gilt: Verkehr ist nur sehr, sehr, sehr, sehr selten Selbstzweck. Er dient notwendigen Zwecken (arbeiten, Behördengänge, einkaufen, Kinderbetreuung in Anspruch nehmen, …). Sinnvoller noch als alleinige Lenkung von Verkehrsströmen ist es, notwendige Wege zu reduzieren oder auf Laufentfernung zu verkürzen. Das allerdings erfordert strukturpolitische Maßnahmen, die über das Verkehrsressort weit hinaus gehen. Dafür muss Bewusstsein geschaffen werden und das ist eine aus meiner Sicht zentrale Aufgabe der Verkehrspolitik.

  4. Housetier84 sagt:

    Hallo Caro.

    Nun Tempo 30 verbessert den Verkehr natürlich nicht für Kraftfahrzeuge. Das ist auch in diesem Konzept nicht gewollt. Das der ÖPNV dadurch behindert wird, würde ich nicht sagen. Wenn doch kriegt er ne Busspur und dort die Erlaubnis 50Km/h zu fahren.

    Du redest von Energieeffizienten Verkehr, ich will gar keinen Energieeffiziente Nutzung von KfZs weil ich sie per se nicht für Energieeffizient halte. Sie deswegen wirtschaftlicher zu machen sehe ich garnicht ein.
    Warum sollten Fahrradstrassen vor Krankenhäusern unpraktisch sein? Zufahrt für Einsatzfahrzeuge wird sich ganz sicher ermöglichen lassen.
    Gleiches gilt für die Ampelschaltung. ÖPNV bevorzugung gibt es schon. Alles andere will ich gar nicht.

    Ja es ist eine Kriegserklärung an Besitzstandswahrer. Bei über 300K Autos in einer Stadt wie Bremen wo quasi niemand ein Auto bennötigt muss es eben ein wenig radikaler angegangen werden. Klar kann mensch es auch mit positivien Anreizen probieren. Meiner Meinung nach bringt das nicht viel. Gerade in unserer Gesellschaft ist die Aussrichtung stark auf Bequemlichkeit aus. Also sollten wir es unbequem machen. Über Aussnahmen die Autos wirklich benötigen kann mensch immer reden.
    Benötigen heisst für mich aber nicht, ich hab nen Hobby wofür ich es brauch.
    Die Aussage Verkehr ist kein Selbstzweck würde ich unterschreiben, jedoch ist Individualverkehr!! sehr oft Selbstzweck anstatt die anderen Möglichkeiten zu nutzen.
    Also ich würde sagen ich teile deine Einstellung dazu nicht. Ich finde halt schon, dass die Politik einfach dafür sorgen könnte so wenig Autos wie möglich und nur soviel Autos wie nötig in die Städte zu lassen. Nenn es radikal und böse aber das ist meine Meinung dazu.