Linker kommt frei – Polizist in Thor Steinar
Am Donnerstag den 31.08.2017 ging sehr schnell ein Prozess zu Ende, der in gleich mehreren Aspekten Aufmerksamkeit verdient.
Angeklagt war ein 26 Jähriger, dieser soll am 26.11.2016 einen Polizisten vor der Bundespolizeiwache am Bahnhof zunächst mit den Worten „Scheiß Bulle“ beleidigt haben. Der so angesprochene soll, so die Anklage der Staatsanwaltschaft, daraufhin versucht haben den Angeklagten festzuhalten, dieser habe sich losreißen und fliehen können. Wenig später sei er aber zurückgekehrt, bei einem weiteren Versuch ihn festzuhalten konnte ein weiterer Polizist ihn schlussendlich ergreifen. Bei der anschließenden Rangelei seien beide zu Boden gefallen, der Angeklagte habe sich heftig gewehrt und dabei diverse Polizisten getreten, geschlagen und verletzt.
Der Angeklagte schilderte die Situation hingegen abweichend. Nach einem Konzert sei er an der Wache vorbei gelaufen und unvermittelt festgehalten worden. Er habe daraufhin versucht sich wegzudrehen, anschließend sei er brutal festgenommen worden und habe versucht den schmerzhaften Griffen der Polizisten zu entgehen. Als er im Gewahrsam nach einem Telefonat mit einer Anwältin verlangt habe, sei ihm entgegnet worden, er solle das Maul halten. Bei der Festnahme wurde er nachweislich erheblich verletzt. Zu den Verletzungen gehören eine Schädelprellung, Schürfwunden und weitere Prellungen, zudem zerriss seine Jacke.
Als er weiterhin im Gewahrsam nach einem Telefonat oder anwaltlichem Beistand verlangte sei er zudem erneut geschlagen worden und es sei ihm gedroht worden, er würde durch sein Verhalten die Zeit der Gewahrsamnahme verlängern.
Nach der Einlassung des Angeklagten bat die Richterin um ein Rechtsgespräch mit Staatsanwältin und Verteidiger. Anschließend wurde das Verfahren eingestellt, die wesentlichen Kosten trägt die Staatskasse.
Daraufhin wurden die beiden Polizisten, die als Zeugen geladen wurden und bei der Festnahme beteiligt waren, in den Saal gerufen und ihnen wurde mitgeteilt, dass der Prozess eingestellt worden sei. Hierbei fiel auf, dass mutmaßlich der Polizist, der maßgeblich an der Festnahme beteiligt war, eine Hose der Marke Thor Steinar trug.
Einschätzung:
Als AKJ Bremen ist der Prozess für uns aus zwei Gründen außerordentlich.
Die Einstellung eines Prozess wegen Widerstandes und Körperverletzung, obwohl eine ganze Reihe an Polizisten als Zeugen zur Verfügung standen, lässt eigentlich nur den Schluss zu, dass das Gericht selbst nicht an die Geschichte der Polizisten glaubte. Nachdem dieses Jahr bereits ein Polizist wegen eines Angriffes im Amt verurteilt wurde und zwei seiner Kolleginnen nun mit einer Verfolgung wegen Falschaussage rechnen müssen, darf sich nicht länger vor der Erkenntnis verschlossen werden, dass Polizistinnen nicht qua Beruf Held*innen sind, sondern Fehler machen und Straftaten begehen, die es aufzuklären gilt.
Weiterhin sind wir über alle Maßen verärgert darüber einen Polizisten vor Gericht in Thor Steinar Kleidung zu sehen. Das letzte mal, als wir diese Marke in einem Gerichtssaal sahen, im so genannten Ostkurvensaalprozess, als sowohl Angeklagte als auch als Zuschauer Nazischläger der Standarte und von Nordsturm Bremen waren. Die Marke, die als Erkennungszeichen von Rechtstextremen jeder Colour gilt ist daher auch beispielsweise im Weserstadion und in diversen Landtagen verboten.
Dass ein Polizist diese Marke trägt lässt für uns daher nur den Schluss zu, dass dieser ebenfalls faschistisches Gedankengut in sich trägt. Vor dem Hintergrund einer mutmaßlich unbegründeten Festnahme, bei der ein Linker nicht unerheblich verletzt wurde und der Vorwurf der Misshandlung im Gewahrsam und eine falsche Anzeige im Raum steht, ist der Sachverhalt für uns skandalös. Es drängt sich der Verdacht auf, dass die Festnahme aus politischen Gründen geschah und der Polizist seine amtlichen Befugnisse missbraucht hat, um einen politischen Gegner zu schädigen.
Korrektur (10.09.2017): Ursprünglich hatte der Artikel den Titel „Linker freigesprochen – Polizist in Thor Steinar“, dieser Titel war juristisch äußerst unpräzise, wir haben ihn daher korrigiert.