Stärkung der Zivilgesellschaft statt der Sicherheitsbehörden!
In Bremen gibt es seit Anfang des Jahres 2020 eine Menge Vorfälle des rechten Terrors(1), die Antwort des Senats darauf ist eine Stärkung des Landeskriminalamts und des Inlandsgeheimdienstes – des sogenannten „Verfassungsschutzes“. Diese werden auch beide mit etwas mehr Personal ausgestattet und es soll eine Task Force „Rechten Terror in Bremen verhindern“ beim Senator für Inneres gegründet werden(2).
Sind das die richtigen Mittel, um gegen den rechten Terror vorzugehen und sollten wir das als linke, emanzipatorische Menschen begrüßen? Ich sage: Nein.
Eine Strafverfolgung durch das LKA ist sicherlich eine gute Maßnahme, der Täter*innenkreis lässt sich doch vermutlich sehr gut eingrenzen auf die Phalanx 18(3) oder ihr näheres Umfeld, welche vor kurzen vom Innensenator verboten wurde(4).Die Polizei Bremen umfasst derzeit 2500 Beamt*innen und verfügt über rund 180 Millionen Euro Haushaltsmittel. Es ist schwer vorstellbar, dass dort vorher keine Mittel zur Bekämpfung rechten Terrors verfügbar waren(5).Die Aufgabe der LKA-Beamt*innen soll die Koordination mit dem Bund und anderen Ländern sein. Für diese Aufgabe gibt es jedoch seit 2012 das Gemeinsame Extremismus- und Terrorismusabwehrzentrum (GETZ)(6). Welches auch schon auf Grundlage des Trennungsgebots zwischen Polizei und Geheimdiensten kritisiert wurde. Jetzt soll es also noch weitere Beamt*innen für diese Aufgabe geben – oder hat Bremen bisher nicht daran teilgenommen?
Das gleiche Problem ergibt sich auch bei der Taskforce „Rechten Terror in Bremen verhindern“, die beim Senator des Inneren angelegt werden soll, wo ebenfalls die Landesverfassungsschutzbehörde und Polizei zusammenarbeiten würden. Dieses Zentrum soll unter anderem rechte Kommentare im Internet mit der geforderten Waffenscheinüberprüfung zusammen führen(7).
Die Aufgabe der Kontrolle der Waffenscheine bei den „Verfassungsschutzbehörden“ war in sich schon ein Fehlgriff des Bundes. Hier nun noch die Kompetenzen zu erweitern und einen Geheimdienst mit Ermittlungsbehörden zusammenbringen, ist ein weiterer Fehler.
Die historische Verantwortung aus dem Nationalsozialismus verbietet die Zusammenarbeit von Polizei und Geheimdiensten. Insbesondere da linke, emanzipatorische Menschen immer damit rechnen müssen, dass die Stärkung dieser Behörden immer auch auf Sie zurückschlagen wird.
Eine Stärkung des Inlandsgeheimdienstes, wenn es auch nur um drei Stellen geht, ist der falsche Schritt. Er hilft nicht gegen Rechts und die Geschichte lehrt, dass diese Gruppe rechte Strukturen eher stärkt als sie auszuschalten. Hervorzuheben ist insbesondere der sogenannte Thüringer Heimatschutz, welcher die Vorfeldorganisation der Terrorgruppe NSU war. Sie wurde durch den Verfassungsschutz überhaupt erst aufgebaut und finanziert(8). Ein Mitglied des Inlandsgeheimdienstes hat den Verein „Uniter“ mitbegründet, welcher als ein wichtiges Bindeglied rechter Gruppen in ganz Deutschland gesehen werden kann(9).
Die Sicherheitsbehörden und insbesondere der Inlandsgeheimdienst sind kein guter Verbündeter gegen Rechts. Das muss deutlich benannt werden. Der Rot-Grün-Rote Senat sollte dies auch anerkennen und doch bitte die Mittel in diejenigen Gruppen stecken, die wirkliche Partner*innen im Kampf gegen Rechts sind.
Das sind zum einen die Betroffenenverbände, zum anderen eine stärkere Aufklärung gegen menschenfeindliche Meinungen in Schulen, Vereinen, Ausbildungszentren und wo es sonst noch möglich ist, die Gesellschaft zu erreichen. Oder zum Beispiel eine Stärkung der Beratung gegen Rechts im „Lidice-Haus“ oder des „Netzwerk gegen Rechtsextremismus und Menschenfeindlichkeit“.
Des Weiteren darf die antifaschistische Recherche nicht weiter kriminalisiert werden, die oft wesentlich besser informiert ist als die Inlandsgeheimdienste. Insgesamt sollten endlich Antifaschismus und antifaschistische Gruppen nicht mehr diskreditiert werden und etwa ihre Arbeit nicht weiter erschwert werden, wie es etwa durch die Aberkennung der Gemeinnützigkeit des „VVN-BdA“ (Vereingung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschistinnen und Antifaschisten) geschieht.
Der Verfassungsschutz ist nicht die Lösung beim Kampf gegen den rechten Terror, sondern eines der Probleme. Darum gehört er – egal ob in Bremen, in anderen Bundesländern oder im Bund – aufgelöst!
1) https://stadtkontext.de/rechter-terror-in-bremen/
2) https://www.butenunbinnen.de/nachrichten/politik/rechtsterror-bremen-sonderkommission-100.html
3) https://taz.de/Neue-Neonazi-Gruppe-in-Bremen/!5631477/
4) https://www.spiegel.de/politik/deutschland/phalanx-18-bremen-verbietet-rechtsextremen-verein-a-1297357.html
5) https://www.kriminalpolizei.de/service/sicherheitsbehoerden/lka-bremen/detailansicht-lka-bremen/artikel/lka-bremen.html
6) https://de.wikipedia.org/wiki/Gemeinsames_Extremismus-_und_Terrorismusabwehrzentrum
7) https://www.behoerden-spiegel.de/2020/02/26/bekaempfung-von-rechtsterrorismus-in-bremen/
8) https://www.vice.com/de/article/ywqn9b/ehemaliger-v-mann-verfassungsschutz-hat-nsu-mitfinanziert
9) https://taz.de/taz-Recherche-zu-Hannibal-Verein-Uniter/!5581162/
In einer vorherigen Version stand, dass das LKA die große hat, die die gesamt Polizei Bremens hat, entschuldigt bitte den Fehler.