Warum Abwarten?
Gestern debattierte die Bremische Bürgerschaft über einen Antrag der Linken-Fraktion und einen Antrag der Regierungskoalition zum Thema Cannabis. Die Linke beantragte, Cannabis in einem Modell-Projekt in Bremen legal auszugeben. SPD und Grüne möchten sich dafür einsetzen, Cannabis für den medizinischen Gebrauch zu nutzen.
Die Argumente, warum eine Legalisierung von Cannabis gut und richtig ist, sind für mich einleuchtend. In meinem Umfeld, was zu einem großen Teil aus junger Stadtbevölkerung besteht, ist Cannabis eine Alltagsdroge. Nicht anders als Alkohol – was mindestens genauso gefährlich bzw. ungefährlich ist. Selbst in konservativen Kreisen wird für die aktuelle Prohibitionspolitik Unverständnis gezeigt. Auf einer Podiumsdiskussion im Sommer am Schulzentrum Neustadt äußerte sich der Vertreter der Jungen Union wie auch alle anderen in diese Richtung.
Die Fakten sind auch schwer umzudeuten: Zwei-Drittel der Drogenkonsument*innen werden als solche eingestuft, weil sie Cannabis konsumieren. Die Justiz und Polizei geben zahlreiche Millionen jedes Jahr aus, um Cannabiskonsument*innen zu verfolgen. Der Schwarzmarkt könnte mit einen Legalisierung zumindest geschwächt werden. Die kontrollierte Abgaben kann den Jugendschutz verbessern, die Qualität der Droge sicherstellen und so Gesundheitsrisiken vermindern. Zudem zeigen die Erfahrungen aus den USA, dass der legale Verkauf sehr viel Geld in die Staatskasse spült, das Wirtschaftwachstum ankurbelt und Arbeitsplätze schafft. Doch die Politik braucht immer etwas, um die Zeichen der Zeit zu lesen. Das liegt vor allem natürlich daran, dass kaum junge Menschen in den Parlamenten sitzen.
In diesem Kontext scheinen die Forderungen von Die Linke noch recht zurückhaltend. Cannabis soll staatlich kontrolliert abgegeben werden, die Toleranzgrenze für den Eigenbedarf von 6 auf 15 Gramm angehoben und Drug-Checking Angebote geschaffen werden. Das ist quasi das, was im Rahmen des Landes liegt, ohne aktiv das Bundesbetäubungsmittelgesetz (BtMG) zu missachten. Viel mehr dürfte nicht möglich sein. Und das BtMG wird in Zeiten einer breiten Parlamentsmehrheit von SPD und CDU, die eine Änderung strikt ablehnen, nicht angetastet.
So wurde dieser Antrag auch in der Bremischen Bürgerschaft abgelehnt. Neben CDU und BiW war auch die SPD dagegen. Sie möchte die Modellversuche in Frankfurt a.M. und in Köln erst mal abwarten. Doch Abwarten ist genau der falsche Schritt – als Bundesland kann Bremen eine kontrollierte Abgabe viel weitreichender testen, als es Kommunen wie Köln oder Frankfurt a.M. können. Die Linke hat ein durchaus sinnvolles Gesamtpaket geschnürt, welches eben nicht in Einzelteilen funktionieren kann. Verschiedenen Maßnahmen sollen und müssen ineinander greifen, um die oben erwähnten Vorteile zu bewirken.
Ganz gestorben ist der Antrag allerdings nicht, er ist nun vorerst in den Gesundheits- und Rechtsausschuss verschoben worden.
Nichtsdestotrotz soll sich der Senat zumindest für die Kostenübername von Cannabisprodukten durch die Krankenkassen für den medizinischen Gebrauch auf Bundesebene einsetzen. Ein Schritt in die richtige Richtung, aber die Frage bleibt, ob Krankenkassen Kosten übernehmen werden, solange Cannabisprodukte vor allem illegal erworben werden müssen und inwiefern Erkrankte kriminalisiert werden. Zudem ist der Druck, den der Senat nach oben ausüben kann, ohnehin eher schwach.
Schade drum, denn eigentlich sind sich alle einig. Nur die großen „Volksparteien“ laufen mit ihrer Zurückhaltung einer – in dieser Thematik – nicht existierenden, zweifelnden Mehrheit hinterher.
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