Unsere Grenzen – Unsere Schuld: Aufruf zur Demonstration am 20.04.15 + Update
Gestern waren es wohl 950 Menschen, seit dem Jahr 2000 sind es ĂŒber 28.000 Menschen, die an der AuĂengrenze der EU ermordet wurden, die Dunkelziffer liegt vermutlich noch weitaus höher. Sie hatten Namen, die wir nicht kennen, Familien die wir nicht informieren können und Geschichten, die wir nie erfahren werden.
Sie lasten auf unserem Gewissen, denn diese Grenzen an denen sie sterben, sind die Grenzen unserer dominanten politischen Organisation, der EuropÀischen Union. Jede*r der*die wegschaut, beteiligt sich am Massenmord im Mittelmeer.
Doch befÀllt mich und wohl nicht nur mich eine Hilflosigkeit. Was sollen wir tun?
Uns bleibt als Einzelpersonen zuallererst unser eigener Raum, in dem wir agieren können.
- BekĂ€mpft Rassismus wo ihr ihn seht. Nicht nur offensichtliche rassistische Hetze, sondern den Alltagsrassismus, der sich ĂŒberall einschleicht. Diesen nutzen auch Freunde und Familie, ihr selbst. Sprecht ihn an, diskutiert ihn, reflektiert ihn, lasst ihn nicht einfach stehen. Denn auch dieser Rassismus tötet.
- Gleiches gilt natĂŒrlich bei den Auftritten von NPD, AfD, wĂŒtenden BĂŒrgern oder Pegidas. Blockiert sie, ĂŒbertönt sie, gebt ihnen keinen FuĂ breit.
- UnterstĂŒtzt eure lokalen FlĂŒchtlingsorganisationen und die Heime. Gebt den Menschen die vor Krieg und Gewalt geflĂŒchtet sind soviel Ruhe und NormalitĂ€t wie möglich. Gebt ihnen Aufmerksamkeit und Kraft, wenn betroffene FlĂŒchtlinge reden. Ermutigt sie, ihre Geschichten zu erzĂ€hlen, ohne sie zu bedrĂ€ngen. Macht andere auf diese Geschichten aufmerksam, ohne euch in den Vordergrund zu drĂ€ngen. Es ist ihre Geschichte.
- Ăndert euer Wording: „kriminelle Schlepper“? Nein das sind Fluchthelfer*innen! UnglĂŒck im Mittelmeer? Nein, das war Mord! WirtschaftsflĂŒchtlinge? Nein, jede*r hat ein recht zu fliehen auch wenn „nur“ das Geld nicht fĂŒr was zu essen reicht, so tötet diese Umstand trotzdem.
- Schreibt den Politiker*innen aus eurem Wahlkreis oder geht zu Ihren Sprechstunden. Bringt das Thema FlĂŒchtlinge und die mörderische Mittelmeergrenze auf ihre Agenda. Es sind Menschen von CDU und SPD mit denen ihr sonst nicht redet? Ja, gerade da ist es wichtig. Sie sollen erkennen, das dieses Thema entscheidend fĂŒr euch ist. Wenn es nichts bringt? Hat es euch nichts gekostet, wenn doch rettet es vielleicht Leben.
Die Politik muss handeln und ĂŒberzeugt werden, Aktivist*innen wie @Seawatchcrew oder „Watch the Med“ können dies nicht im Alleingang erledigen.
- Die EU- Seenotsrettung „Triton“, der Nachfolger von âMare Nostrumâ, muss endlich mit Mitteln ausgestattet werden damit diese ihren Auftrag erfĂŒllen können. „Mare Nostrum“ hat neun Millionen Euro im Monat gekostet, um Leben zu retten – Dies sollten auch alle 28 EU-Staaten zahlen können, die sonst ihr Geld fĂŒr Frontex ausgeben, damit Menschen im Mittelmeer ertrinken.
- Gleichzeitig mĂŒssen legale Fluchtwege geschaffen werden. Zum einen die Flucht ĂŒber die Botschaften der EU-Staaten, zum anderen legale FĂ€hren fĂŒr FlĂŒchtlinge, welche den Sicherheitsstandarts entsprechen.
- Der Libanon nimt 25% seiner Bevölkerung als FlĂŒchtlinge auf. Die EU könnte mindestens 1% seiner Bevölkerung aufnehmen und diese an alle Staaten gleichmĂ€Ăig verteilen. Unsere LĂ€nder sind reich, sie können das Leisten!
Lasst uns handeln! Kommt heute, am 20. April 2015, um 17 Uhr zur Trauerkundgebung auf den Marktplatz von Bremen und demonstriert anschlieĂend gemeinsam fĂŒr „FĂ€hren statt Frontex“!
Update: Der Senator fĂŒr Inneres und Sport, Ulrich MĂ€urer, hat sich fĂŒr eine maritime Rettungstruppe mit europĂ€ischer UnterstĂŒtzung ausgesprochen. Der Druck auf Bundesinnenminister Thomas de MaiziĂšre, der Seenotrettung als kriminell sieht, sobald es sich um FlĂŒchtlinge handelt, sollte daher weiter erhöht werden. Dieser hatte die Rettung von Menschenleben im Mittelmeer bisher strikt abgelehnt, aufgrund der jĂŒngsten Ereignisse, sei er nun aber „nicht mehr generell dagegen“. Was wohl so viel wie gar nichts heiĂt. /tx
„Ăndert euer Wording: âkriminelle Schlepperâ? Nein das sind Fluchthelferinnen! “ WeiĂ nicht ob man Leute die anderen Menschen ihre letzten Ersparnisse abknöpfen, sie auf völlig ĂŒberfĂŒllte und oftmals Boote setzen, welche Todesfallen sind (Je gĂŒnstiger und abgetakelter das Boot, je mehr Leute drauf, desto höher der Profit) als „Fluchthelferinnen!“ bezeichnen sollte….. Im Grunde ist das oftmals Menschenhandel.
Hallo Zerd,
Ja, da wird eine Menge Geld gemacht und die Boote sind völlig ĂŒberfĂŒllt und oftmals auch kaum seetauglich. Es sind aber Menschen auf der Flucht und die Fluchthelferinnen sind eine der ganz wenigen Möglichkeiten noch ĂŒber das Mittelmeer zu fliehen. Das ist kein Menschenhandel, hier werden keine Menschen weiterverkauft und den Vergleich finde ich auch unangebracht. Hier wird klar eine Notlage ausgenutzt, aber jeder der anderen hilft vor Krieg, Tod, Hunger zu fliehen und damit Leben zu retten, wenn auch mit einem hohem Risiko, wĂŒrde ich so bezeichnen. Die Fluchthelferinnen die Menschen aus der DDR halfen in die BRD zu fliehen werden doch auch nicht als Schlepperinnen bezeichnet, oder?
Die Abschottungspolitik Europas fĂŒhrt erst dazu, dass die Dienste von Fluchthelfer*innen angenommen werden mĂŒssen, weil keine anderen Möglichkeiten bleiben. Dort liegt das eigentlich Problem und auch die eigentliche Unmenschlichkeit – Die Festung Europa.